Rezension zu "Elsterjahre" von Charlie Gilmour
Ein aus dem Nest gefallenes Elsterjunges fällt buchstäblich in Charlie Gilmours Leben. Das Kleine scheint dem Tode näher als dem Leben und damit beginnt für Charlie und seine Freundin Yana die Recherche über die Bedürfnisse von Elstern und die Aufzuchtmöglichkeiten eines Wildvogels. Doch so einfach ist das nicht, Expertenwissen ist rar. Als Chlarlie von seiner Mutter erfährt, dass sein ferner leiblicher Vater vor vielen Jahren eine Dohle gezähmt hat, beginnt es in Charlie zu arbeiten. Die Lücke und die große Sehnsucht, die dieser Mann in Charlies Leben hinterlassen hat, bricht erneut auf. Er beginnt die Gedichte und Texte seines Künstler-Vaters zu lesen, versucht zu verstehen und kämpft mit den frühen Verletzungen. Währenddessen wird die Elster größer, kräftiger, eigenwilliger und verschafft sich zunehmend einen festen Platz in Charlies Herz. Sie wird zum Familienmitglied.
Das absolut faszinierende an dem Buch ist die Vielschichtigkeit von Beziehungsgeflechten. Es ist die Suche und Sehnsucht nach einem nie dagewesenen Vater, der Beziehungsaufbau und die Fürsorge um einen Wildvogel und schließlich die Überlegung selbst Vater zu werden. Können Verletzungen heilen? Ist Wahnsinn vererbbar? Das Buch benennt ehrlich die menschliche Bedürftigkeit nach bedingungsloser Liebe und vermittelt den Zauber von Wildvögeln, die in luftigiger Höhe über unseren Städten in eigenen Gemeinschaften leben. Absolute Leseempfehlung! Was für ein Glück, dass mir dieses Buch in die Hände fiel.