Rezension zu "Interview mit einem Vampir" von Anne Rice
„Interview mit einem Vampir“ ist der erste und vermutlich der berühmteste Roman aus der „Chronik der Vampire“-Reihe von Anne Rice. Die Geschichte von Louis und Lestat wurde darüber hinaus im Jahr 1994 mit Brad Pitt und Tom Cruise verfilmt.
Das Buch handelt von dem Vampir Louis de Pointe du Lac, der in einem Interview seine Lebensgeschichte erzählt. Aufgrund dessen ist der Stil des Buches überwiegend ein Monolog des Vampirs, teilweise mit Unterbrechung durch den Reporter.
Die Handlung beginnt in den 1970er Jahren, in denen das Interview stattfindet. Hier erzählt Louis zu erst von seinem Leben Anfang des 18. Jahrhundert, wo er schließlich von Lestat, einem hedonistischen und narzisstischem Vampir, aus egoistischen Gründen verwandelt wird. Ab hier ist das Buch in vier Teile unterteilt und jeder Teil berichtet von einer anderen Geschichte aus Louis’ Leben.
Im ersten Teil geht es um Louis’ Verwandlung und dem anschließenden Zusammenleben mit Lestat und später mit der Vampirin Claudia, einem Vampirkind, das ebenfalls von Lestat verwandelt wurde. Claudia basiert auf der im Alter von fünf Jahren verstorbenen Tochter der Autorin.
Im zweiten Teil reist Louis mit Claudia nach Osteuropa, wo sie nach weiteren Vampiren suchen.
Der dritte Teil ist sehr relevant für Louis’ charakterliche Entwicklung. Es geschehen viele Dinge und es gibt eine wichtige Entscheidungen, die viel Einfluss auf das Leben des Vampirs nehmen.
Der vierte Teil beinhaltet den Abschluss des Interviews und ein kleines Foreshadowing auf den nächsten Band.
Eines der wichtigsten Merkmale des Buches ist der deutliche Unterschied zwischen Louis de Pointe du Lac und Lestat de Lioncourt. Während Louis den emotionalen Vampir verkörpert, der weitestgehend menschlich geblieben ist, ist Lestat derjenige, der seine wahre Erfüllung im Vampirdasein findet. Stereotyp könnte man Louis also als Gutvampir und Lestat als den bösen Vampir bezeichnen.
Nichtsdestotrotz sind beide Charaktere – sowie auch alle anderen – sehr gut und tiefgehend ausgearbeitet. Die Figuren wirken, selbst, wenn sie überspitzt dargestellt werden, glaubwürdig und echt.
Die Geschichte ist passend zum Thema sehr düster und melancholisch gehalten, doch auch an Spannung mangelt es nicht, wenn auch diese weniger actionreich ausfällt und eher subtil ist. Über Unsterblichkeit wird selten so gefühlsstark erzählt wie hier, wo dem Leser ein tiefer Einblick in den Vampirismus, aber auch in die Folgen dessen geliefert wird.
Obwohl das Buch bereits im Jahre 1976 erschienen ist, gibt es queere Charaktere und auch Romantik zwischen gleichgeschlechtlichen Charakteren wird abgebildet und als völlig natürlich und vor allem authentisch dargestellt. Dahingehend ist Anne Rice so manch einem heutigen Autor bei Weitem voraus.
Für mich persönlich gehört „Interview mit einem Vampir“ zur besten Vampirliteratur, die es gibt und würde sie jedem empfehlen, dem das Thema Vampire bisher nicht zu öde geworden ist, aber auch denjenigen, die sich eine überzeugende queere Liebesgeschichte in einem Fantasy- bzw. Horror-Szenario wünschen.