Das Nazi Regime ist an der Macht, die Bewohner der Tuchvilla erwarten schwere Zeiten denn der zweite Weltkrieg steht unmittelbar bevor. Auch für die Tuchfabrik läuft es alles andere als gut und gefährliche Entscheidungen müssen getroffen werden – doch vor denen steht Paul alleine denn seine Frau Marie lebt mit ihrem gemeinsamen Sohn mittlerweile in Amerika. Noch ist nicht klar, ob und wann sie wieder zurückkommt. Trotz der Hoffnung hat die große Abwesenheit einen Graben zwischen den beiden geschaffen und es bleibt fraglich, ob dieser wieder überwunden werden kann.
Für mich war dieser Teil der bisher schwächste der gesamten Reihe und ich hab mich durchkämpfen müssen. Nicht etwa, weil die Geschehnisse nicht interessant waren, denn das waren sie, keine Frage. Das Buch behandelt die Problematiken im zweiten Weltkrieg, die Menschen die sich gegen das Hitler-Regime stellen und auch die Schwierigkeit, wenn man als solcher Personen in seinem unmittelbaren Umfeld hat, die vom Nationalsozialismus überzeugt sind. Die Darstellung, dass der zweite Weltkrieg nicht nur ein militärischer Kampf war sondern auch ein Kampf gegen die persönlichen Werte, wurde das ganze Buch über sehr überzeugend dargestellt.
Aber was nunmal nicht überzeugend war, war wieviele künstlich erzeugte Probleme, Schwierigkeiten und Streitereien es gab. Ich verstehe, dass man dem Buch natürlich auch Inhalt außerhalb des Krieges geben muss, aber das ist meiner Meinung nach wirklich kläglich gescheitert.
[Achtung, ab hier könnten Spoiler folgen]
Pauls Gejammere, dass Marie egoistisch gehandelt und ihn verlassen hat, hing mir irgendwann zu den Ohren raus. Auch wie er ihr innerlich immer vorgeworfen hat, zu einem anderen Mann gegangen zu sein. Genauso wie seine Betonung, dass ihr trotz ihrer jüdischen Abstammung schon nichts passiert wäre, weil sie ja mit ihm verheiratet war. Das hat mich auch insoweit sehr gestört weil er es praktisch im gesamten Buch nicht ein einziges Mal geschafft hat, jemandem der ihm höher gestellt war, die Meinung zu sagen. Er hat immer gehuscht, alles hingenommen und im Stillen auf Marie geschimpft. Immer und immer wieder, sodass er mir irgendwann wie ein kleines bockiges Kind vorgekommen ist. Er selbst hat natürlich nie Fehler gemacht, immer sind alle anderen Schuld. Auch sein Verhältnis zu seiner Sekretärin und sein Beharren darauf, dass er sie liebt und sie heiraten wird sobald er sich von Marie scheiden gelassen hat nur um von dem Vorhaben noch am gleichen Tag abzusehen, an dem sie sich zum ersten Mal wiedersehen war… kindisch? Mir fällt keine andere Bezeichnung ein. Ich finde es schade, zu was für einem Charakter sie Paul gemacht haben, der noch in den ersten zwei Bänder so eine selbstbestimmte und offene Person war. Man hat sich penibel darauf fokussiert, dass er „altmodisch“ sein soll, dass man ihn komplett zerschossen hat.
Marie und Leo ziemlich in den Hintergrund geraten. Die Erzählungen der Geschehnisse in Amerika wurden relativ kurz und inhaltslos gehalten. Allzu viel ist da nicht wirklich passiert, es war immer das Gleiche sodass ich irgendwann angefangen habe, die Seiten eher zu überfliegen statt sie richtig zu lesen.
Dafür lag der Fokus ein bisschen mehr auf Dodo, die dafür in den vorherigen Bänden immer meiner Meinung nach ein klein weniger kürzer kam. Ich fand es interessant wie rational sie dargestellt wurde. Im Gegensatz zu vielen anderen Charakteren war sie nicht übermäßig emotional, sie hat sich aus den meisten Problematiken rausgehalten und sich ganz auf ihre Ausbildung konzentriert; auch zum Schluss als man sie als Fliegerin für den zweiten Weltkrieg genutzt hat. Das hat mir gefallen, denn neben diesen ganzen Drama waren die Kapitel mit ihr immer sehr ruhig und entspannend zu lesen.
Ganz anders, wenn es um Kitty oder Elisabeth ging. Die eine ist ein Wirbelwind wie er leibt und lebt, was nach insgesamt sechs Bänden auch langsam nur noch nervt. Klar, ich finde ihre offene und fröhliche Art manchmal erfrischend, aber manchmal kanns auch einfach nur anstrengend sein, wenn man eine Frau Mitte vierzig hat, die wie ein kleines Mädchen rumkreischt, rumspringt und bockig wird wenn sie nicht ihren Willen bekommt, ist nur noch schwer zu ertragen. Und ihre ganzen Solidarität mit Marie zur Seite aber jemanden wochenlang zu ignorieren weil sie mit dessen Lebensentscheidungen nicht einverstanden ist, ist wirklich zuviel aufgetragen.
Und auch bei Elisabeth, die sich auch nach sechs Bänden immer noch so aufführt, als hätte das Schicksal es persönlich auf sie abgesehen, war irgendwann die Luft raus. So sehr man versucht hat, Paul wie seinen Vater zu machen, so wurde Elisabeth immer mehr wie ihre Mutter dargestellt. Eine Dramaqueen, die entweder um ihre Kinder und ihren Partner herumwedelt und sie nach Strich und Faden verwöhnt oder aber die jammert wie schwer sie es hat, das keiner ihre Last versteht und sich etwa die Hälfte der Zeit mit „Migräne“ zurückzieht und die Bediensteten terrorisiert.
Ich könnte mich hier noch endlos über die anderen Charaktere aufregen, aber das waren so die Hauptsachen, die mich unglaublich gestört haben.
Auch das Ende, was sehr abrupt kam und ziemlich schnell alles von katastrophal zu Friede, Freude, Eierkuchen gewandelt hat, war enttäuschend.
Insgesamt kann ich also nur sagen, dass der (offenbar vorerst letzte) Teil nicht wirklich überzeugend war.