Angela Drescher

 4,4 Sterne bei 92 Bewertungen
Autor*in von Die Geschwister, Sei gegrüßt und lebe und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Christa Wolf wurde 1929 in Landsberg/Warthe (heute Gorzów Wielkopolski) geboren. Sie arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin, Redakteurin und Lektorin, ehe sie 1961 ihr erstes Buch veröffentlichte. Ihr umfangreiches Werk wurde mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet. Sie starb 2011 in Berlin. Franz Fühmann wurde 1922 im böhmischen Rokytnice geboren. Als Oberschüler meldete er sich zur SA, wurde zur Wehrmacht eingezogen und geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Sein Werk ist geprägt von unerbittlicher Selbstbefragung und widerspiegelt seine Wandlung zum Moralisten. Er starb 1984 in Ostberlin. Angela Drescher, geboren 1952, ist Lektorin und gab Werner Bräunigs Roman »Rummelplatz« heraus, außerdem die Tagebücher Brigitte Reimanns und die ungekürzte Neuausgabe des Romans »Franziska Linkerhand«.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Angela Drescher

Cover des Buches Nackt unter Wölfen (ISBN: 9783746630267)

Nackt unter Wölfen

 (142)
Erschienen am 20.06.2014
Cover des Buches Rummelplatz (ISBN: 9783746628882)

Rummelplatz

 (30)
Erschienen am 22.07.2013
Cover des Buches Alles schmeckt nach Abschied (ISBN: 9783746615370)

Alles schmeckt nach Abschied

 (16)
Erschienen am 01.12.2000
Cover des Buches Ich bedaure nichts (ISBN: 9783746615363)

Ich bedaure nichts

 (15)
Erschienen am 01.08.2000
Cover des Buches Sei gegrüßt und lebe (ISBN: 9783351036362)

Sei gegrüßt und lebe

 (9)
Erschienen am 14.03.2016
Cover des Buches Die Geschwister (ISBN: 9783351042042)

Die Geschwister

 (10)
Erschienen am 14.02.2023
Cover des Buches Gewöhnliche Leute (ISBN: 9783746625348)

Gewöhnliche Leute

 (3)
Erschienen am 24.09.2009
Cover des Buches Grüß Amsterdam (ISBN: 9783746619378)

Grüß Amsterdam

 (2)
Erschienen am 01.01.2003

Neue Rezensionen zu Angela Drescher

Cover des Buches Ich bedaure nichts (ISBN: 9783351041861)
renees avatar

Rezension zu "Ich bedaure nichts" von Brigitte Reimann

Hunger auf Leben
reneevor 3 Monaten

Der Aufbau-Verlag hat 2023 wieder einen Blick auf Brigitte Reimann geworfen und hat einige ihrer Bücher in sehr schön gestalteten Exemplaren herausgebracht. Es handelt sich um „Ankunft im Alltag“, „Franziska Linkerhand“, „Die Geschwister“ und eben dieses Buch hier „Ich bedaure nichts“. Die 1973 mit nur 39 Jahren verstorbene Brigitte Reimann war eine der bedeutenden Schriftstellerinnen der DDR, von der ich aber bisher leider noch nichts gelesen hatte. Mit diesem Buch hat sich das nun geändert und ich bin begeistert. Hier in diesem neuen „Ich bedaure nichts“ sind die Tagebucheintragungen von 1955 bis 1970 zusammengefasst und damit die ehemaligen Bücher „Ich bedaure nichts (Tagebücher 1955 bis 1963)“ von 1997 und „Alles schmeckt nach Abschied (Tagebücher 1964 bis 1970)“ von 1998 miteinander vereint. Und dieses „Ich bedaure nichts“ ist ungemein eindringlich. Man glaubt bei der Lektüre mit einer Frau von heute zu sprechen, von dieser Frau zu lesen. Denn das Geschriebene passt für mich definitiv nicht in den Mief der 50er und 60er. Brigitte Reimann ist definitiv ihrer Zeit voraus und man kann förmlich erahnen, wie sie bei ihren gedanklich gestrigen Mitmenschen angekommen sein muss. Für diese Denke, für dieses Agieren bekommt sie natürlich meinen tiefsten Respekt und ich ergehe mich in inneren Ovationen. 

 

Denn auch ihre Schreibe in ihren Tagebüchern, ihre politischen Sichten, die sie da ausspricht, aufschreibt, erstaunen mich zutiefst. Denn es ist sehr mutig, fast schon dumm, so ehrlich zu schreiben. Was hat sie von den Tätigkeiten der Stasi gedacht? Erst ist sie politisch vollkommen überzeugt, sehr rot in ihrem Denken, gefährdet aber auch schon da durch ihre Denke, durch ihre Sicht sich selbst und andere, auch in ihren Romanen ist dies ersichtlich (Ankunft im Alltag). Die Stasi wird sich sicher ins Fäustchen gelacht haben, nicht von ungefähr erfolgten sicher die Anwerbeversuche. Und durch diesen Kontakt wird die Reimann sicher dazu gelernt haben. Ihren gedanklichen Wandel läutet aber das Geschehen in Prag ein und auch hier zeigt sie richtigen Mut in ihrem Verhalten. Von daher zeigen die Tagebücher einen Reifeprozess, einen richtig interessanten Reifeprozess, vor allem wenn man noch einen größeren Teil der auftretenden Personen kennt und auch so noch einmal tiefere Einblicke in die herrschende Politik bekommt.

 

Aber auch persönlich zeigt die Reimann intensive und auch beklemmende Einblicke in ihre Gefühlswelt, in ihr intensiv und eindringlich geführtes Leben, in ihren Hunger auf Leben, wie 2004 ein Buchtitel ihrer Tagebücher von 1955 bis 1970 ertönt und auch der dazugehörige Film mit Martina Gedeck in der Hauptrolle erklingt. Einen Hunger auf Leben, der in ihrem Ende einen dunklen Beigeschmack bekommt. Ein viel zu frühes Ende! 

 

Was hätte diese Frau wohl zu 1989 gesagt und zu den dann folgenden Geschehen? 1989 wäre sie 56 Jahre alt geworden, hätte sicher noch einen wachen Blick gehabt, hätte das Geschichtliche sicher richtig interessant kommentiert. Und was für Bücher, was für Romane hätte sie der Leserschaft noch hinterlassen können? Aber so ist das Leben. Es ist endlich und niemand weiß, wann das Ende für einen Selbst kommt. Und das ist auch ganz gut so, wie ich finde. 


Die Lektüre dieses nicht ganz so dünnen Buches war definitiv eine interessante Erfahrung für mich und es wird sicher nicht das letzte Buch aus der Schreibmaschine der Brigitte Reimann gewesen sein, welches einen Platz vor meinen Augen findet. Denn „Ich bedaure nichts“ hat mich neugierig gemacht, sehr neugierig.

Kommentare: 3
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Cover des Buches Die Geschwister (ISBN: 9783351042042)
Lesewesens avatar

Rezension zu "Die Geschwister" von Angela Drescher

Ein bewegendes Zeitzeugnis der Teilung Deutschlands
Lesewesenvor 8 Monaten

1961, kurz vor dem Mauerbau, Elisabeths Bruder sieht für sich keine Zukunft in der DDR und will nach Westdeutschland gehen. Elisabeths Enttäuschung ist groß, weil schon Konrad, der ältere Bruder, der DDR vor einigen Jahren den Rücken gekehrt hat. Die Geschwisterliebe steht vor der Zerreißprobe. Mit allen Mitteln versucht sie ihn zum Bleiben zu bewegen. Als sie nicht mehr weiterweiß, wendet sie sich an ihren Freund und verrät Ulis Fluchtpläne.

»Das vergesse ich dir nie … Das werde ich dir nie verzeihen.« S.5

Es gibt Bücher, die kann man nicht neutral oder objektiv betrachten. So geht es mir mit »Die Geschwister«, denn das Buch und ich haben eine gemeinsame Vergangenheit, die ich nicht unterschlagen kann.
Ich denke, dass man die Protagonistin Elisabeth besser verstehen kann, wenn man sie im historischen Kontext sieht. Die Teilung Deutschland war noch nicht alt und doch hatte die DDR ein immer größer werdendes Problem mit der Abwanderung von Fachkräften. Wer zu dieser Zeit noch an die proklamierten Werte des Staates glaubte, fühlte sie verraten. So auch Elisabeth, die ihre Zukunft als Malerin in einem Kombinat hat. Sie ist aber keineswegs angepasst. Parteilos und Spross einer bürgerlichen Familie zu sein, steht sie unter Beobachtung der Stasi. Doch sie kämpft um ihre Anerkennung, lässt sich in ihrer Persönlichkeit nicht verbiegen. Daher hat sie keinerlei Verständnis für ihren großen Bruder Konrad, der bereits vor einiger Zeit die DDR verlassen hat. Doch noch trifft sich die Familie in Westberlin, noch steht keine Mauer aus Beton zwischen ihnen, wohl aber eine in ihren Köpfen. Sie hat kein Verständnis für ihn.

»… ich sagte mir, dass die ganze Legende von Geschwisterliebe und Stimme des Blutes ein mystischer Unsinn sei und ich einen Überläufer nicht in die Arme schließen werde, nur weil er zufällig mein Bruder ist.« S. 47

Umso bitterer trifft es sie, dass nun auch ihr Bruder Uli gehen will. Er, mit dem sie ein besonders starkes Band verbindet. Uli sieht keine Zukunft in Ostdeutschland, muss mit ansehen, wie weniger qualifizierte Ingenieure auf der Karriereleiter an ihm vorbeiziehen, weil er kein Parteibuch hat.

»Für den Brückenbau brauche ich exaktes mathematisches Wissen und keine Sympathien und erst recht kein Parteibuch.« S.47

Im Gegensatz zu seinem Bruder, der sich von materiellen Dingen leiten ließ, sieht er sich ausgebremst in seiner beruflichen Entwicklung. Zwischen Elisabeth und Uli entsteht ein heißer Disput. Beide versuchen, Verständnis für ihre Sichtweise zu erlangen. Doch Elisabeth geht einen Schritt zu weit und verrät ihn – wohl eher aus Verzweiflung.

»Mein Bruder hat mich belogen – das war nur ein geringes Gewicht mehr zu dem übrigen, aber es war dieses Gewicht, das die Last auf meinem Herzen unerträglich machte.« S.33

Reimanns Schreibstil ist unverkennbar und sie zog mich allein mit ihren poetischen Sätzen in die Geschichte hinein. Schon auf der ersten Seite habe ich einen Gang runtergeschaltet, weil ich jeden Satz fühlen und genießen wollte.

»Charlotte aber schritt auf ihren nadeldünnen Absätzen über unsere Bewunderung hinweg und durch ›dieses enge ärmliche Leben in eurer Republik‹ und über die Sektorengrenze nach Westberlin, zu Leiser und Hirn am Kudamm, und eines Tages schritt sie durch das Tor zum Auffanglager Marienfelde, und Konrad war bei ihr.« S.35

Reimann verarbeitet in dem Buch fiktional ihre eigene Geschichte – ihr Bruder verließ 1960 die DDR – aber auch den tiefen eigenen Konflikt und den einer ganzen Generation.
Durch Zufall wurde 2022 das Originalmanuskript wieder aufgefunden, der Zensur zum Opfer gefallene Passagen wurden hier in die Geschichte wieder eingefügt. Es gibt einen mehrseitigen Anhang, der zum besseren Verständnis des Buchs hilfreich ist. Diese Neuauflage wurde erstmals ins Englische übersetzt.

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Cover des Buches Die Geschwister (ISBN: 9783351042042)
Elenchen_hs avatar

Rezension zu "Die Geschwister" von Angela Drescher

Die Geschwister
Elenchen_hvor 8 Monaten

Ostern 1961 sind die beiden Geschwister Elisabeth und Uli gerade wieder vereint, als die Wiedersehensfreude von Ulis Vorhaben, nach Westdeutschland zu fliehen, getrübt wird. Elisabeth möchte ihren Bruder um keinen Preis gehen lassen - wenige Tage bleiben ihr, um seine Gründe herauszufinden und ihn zum Bleiben zu überreden. Hilfe sucht sie sich bei ihrem Partner Joachim, was für Uli einem Verrat gleichkommt.


Brigitte Reimanns Roman "Die Geschwister" erschien erstmals 1963 in der DDR, sorgte für großes Aufsehen und wurde mit dem Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste ausgezeichnet. Die berühmte DDR-Autorin setzt sich in diesem autofiktionalen Werk mit den menschlichen Konflikten der deutschen Teilung auseinander - doch nicht alles wurde 1963 so gedruckt, wie die Autorin es ursprünglich geschrieben hatte. Politische Aussagen wurden von Zensoren ebenso gestrichen wie zu freizügige Passagen und auch stilistisch setzte man den Rotstift an. Einem spektakulären Zufallsfund der ersten fünf handgeschriebenen Kapitel des Buchs bei Sanierungsarbeiten an einem ehemaligen Wohnhaus Reimanns Anfang 2022 in Hoyerswerda ist es zu verdanken, dass der Aufbau-Verlag zum 50. Todestag der DDR-Autorin am 20. Februar 2023 den Roman nun letztlich im Original samt nachträglicher Korrekturen Reimanns herausgeben kann.


Spannend sind aber nicht nur die Umstände, die zu dieser Neuauflage von "Die Geschwister" geführt haben, auch ein Blick auf den Kontext, der die Autorin 1961 zum Schreiben des Romans bewog, lohnt: Brigitte Reimanns kleiner Bruder Ludwig, genannt Lutz, verließ 1960 mit seiner Frau die DDR, ein Jahr später begann sie mit dem Schreiben an "Die Geschwister". Die Autorin verarbeitet in ihrem Buch literarisch den Schmerz der Teilung, verschiedene Ideale, die aufeinander treffen, das Gegeneinander von Bruder und Schwester. Auch den künstlerischen Beruf teilt sie sich mit Elisabeth - Reimann als Schriftstellerin, Elisabeth als Malerin, beide leben und arbeiten in einem "Zirkel" auf dem Grundstück einer Fabrik und folgten damit einem staatlichen Programm mit dem Namen "Bitterfelder Weg", das eine Nähe zwischen Kunstschaffenden und Arbeiter*innen erzeugen und eine Elitenbildung verhindern sollte.


Ich bin fasziniert, von "Die Geschwister", aber auch von Brigitte Reimann selbst, die sich nicht scheute, ein so konfliktbelastetes Thema wie die deutsche Teilung in den 1960er Jahren literarisch aufzugreifen und Kritik zu üben. Der Aufbau-Verlag trägt hier erneut zur Wiederentdeckung einer großen Autorin bei und ich freue mich sehr darauf, weitere der neu aufgelegten Werke Reimanns zu lesen!


Ein Kritikpunkt zum Schluss: Brigitte Reimann nutzt in "Die Geschwister" das I- und Z-Wort. Ich möchte diesen Gebrauch rassistischer Sprache nicht an sich kritisieren, da er der Zeit geschuldet ist, zu der der Roman geschrieben wurde. Sehr wohl problematisch finde ich aber, dass man die Verwendung dieser Begriffe an keiner Stelle im Nachwort oder den Anmerkungen zu dieser Ausgabe besprochen und eingeordnet hat. Hier wurde in meinen Augen eine Gelegenheit verpasst, die hoffentlich in künftigen Auflagen zur Thematisierung der rassistischen Begrifflichkeiten genutzt wird.

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