2011 begann Andreas Maier seinen Romanzyklus "Wetterauer Ortsumgehung" mit dem Band "Das Zimmer" und entwickelte die Texte vom Kleinen ins Große, vom Mikro- in den Makrokosmos. In diesem Monat neuerschienen ist nun Band 9 "Die Heimat".
Maier erzählt vom Verschweigen des Nationalsozialismus in den Siebzigern und vom Mauerfall, der seine Familie wiedervereinte, wobei er besonders der Lebensweise seiner Cousine Ortrun nachspürt und einige Zeit mit ihr im Osten verbringt.
Interessant finde ich auch Maiers Begegnung mit dem Philosophieprofessor Jürgen Habermas, der verstört über die missglückte Rede Jenningers zum 50. Jahrestag der Reichsprogromnacht 1988, seine Vorlesung ohne Erklärung absagt.
Habermas! Der Weltstar unter den Philosophen🤩!!! Obwohl ich sehr viel später studiert habe, galt seine "Theorie des kommunikativen Handelns" auch zu meiner Studienzeit als einer der wichtigsten modernen Kommunikationstheorien.
Das Kapitel zur Jahrtausendwende beschäftigt sich vor allem mit Maiers Nachhausekommen, einer Heimkunft ins Haus der Großmutter, das er als musealen Ort rekonstruiert.
In all diesen autofiktionalen Fragmenten geht es Maier um den Begriff der "Heimat", den er, entlang seines Lebens, mit verschiedenen Ereignissen und Reflexionen auszuloten versucht. Trotz der unterschiedlichen Annäherungen an den titelgebenden Begriff macht Maier in seinen Ausführungen eines klar: Heimat ist seit jeher Fiktion, so etwas wie unser erster Seelenzustand.
Maiers Sprache hat mich von Band 1 an fasziniert. Sein Schreibstil ist reflektiert, klar, lebendig und poetisch.
Leseempfehlung für Fans von Philosophie, Geschichte, Autofiktion und von der Wetterauer Ortsumgehung .
Vielen Dank an den Suhrkampverlag für das Leseexemplar ❤️.