Rezension zu "Tod unterm Nierentisch" von Alida Leimbach
Der Friseur Rolf Schmalstieg wird während der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 Tod in seinem Salon aufgefunden. Alles deutet auf ein Eifersuchtsdrama hin. Denn der verschollen geglaubte Ehemann von Schmalstiegs Lebensgefährtin Lieselotte ist wieder aufgetaucht und drängt sich in das Glück des Paars. Kriminalkommissar Johann Conradi stürzt sich direkt aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft in seinen ersten Fall und muss herausfinden, ob wirklich alles so einfach ist.
Alida Leimbach beschreibt die Szenerie sehr gekonnt. Sie gibt ein gutes Gefühl für die damalige Zeit. Die Aufbruchsstimmung auf der einen Seite, die Hoffnung auf ein schönes Leben und sich nach dem Krieg häuslich einzurichten ist greifbar, aber auch auf der anderen Seite die vielen physischen und psychischen Verletzten.
So wird die Fußball-WM zum Ausdruck für den Versuch Wohlstand zu schaffen und sich in besser Welt zu flüchten. Bis heute steigt der Absatz an Fernseher vor einem derartigen sportlichen Großereignis und so war es auch 1954. Die Menschen treffen sich und schauen das Spiel gemeinsam am neuen Fernseher oder lauschen zumindest gemeinsam dem Radio. Man unterhält sich über Fußball, analysiert die Spiele und kann sich endlich mal über etwas anders als den Krieg und seine andauernden Auswirkungen unterhalten. Diese für Deutschland im positiven Sinne geschichtsträchtige Zeit wählt Alida Leimbach als für „Tod unterm Nierentisch“.
Einer der die WM und den Erfolg Deutschlands nicht mehr miterlebt, ist Rolf Schmalstieg. An seinem Verkaufstressen wird er nach Feierabend erschossen. Die Kassa steht offen, doch es scheint nichts zu fehlen. So steht als mögliches Motiv schnell ein Eifersuchtsdrama im Raum. Der Tod von Rolf Schmalstieg lässt mich im Hinblick auf den Titel „Tod unterm Nierentisch“ etwas ratlos zurück. Denn auch wenn ein Nierentisch ein für die 1950er typisches Möbelstück ist, gibt es im Salon keinen. Schade finde ich, dass dieser Nierentisch es dann nicht konsequenterweise auf das Cover geschaffen hat. Immerhin findet sich am Cover eine Trockenhaube, die ich mir gut in dieser Zeit vorstellen kann.
Die Auswirkungen des Kriegs sind noch greifbar. Die kleinen Kinder spielen auf der Straße. Im Hinterhof ein tiefer Bombenkrater und vielgefährliches „Spielzeug“, das sie auf den Straßen finden. Mit kindlicher Neugierde wird dann schon mal um Granten und sonstiges zurückgebliebenes Kriegsmaterial gestritten. Jahre nach dem Krieg bergen diese noch immer große Gefahr und kosten Leben.
Gestört hat mich der fehlende Ehrgeiz von Kommissar Johann Conradi und seinen Kollegen. Vernehmungen werden leichtfertig verschoben. Denn der Feierabend und natürlich die WM sind wichtiger als die Aufklärung des Mords. Wenngleich es zu Beginn ein ganzes Dutzend an potenziellen Tätern gibt, warten die Kommissar lieber ab ob sich wie von Geisterhand neue Erkenntnisse ergeben, anstatt die Ermittlungen selbst aktiv voranzutreiben.